Donnerstag, 19. Mai 2011

Von Kambodscha und der Suche nach Lehm

Das ferne Land Kambodscha in Südostasien ist unser Ziel. Im Zuge unserer Masterthesis im Fachbereich  Architektur haben wir Kontakt mit der NGO (Non-Governmental Organization) Child’s Dream  aufgenommen. Unsere Vorstellung eine soziale Einrichtung in einem Entwicklungsland zu planen und evtl. auch zu realisieren passte zu dem Vorhaben der Organisation ein Wohnhaus für Mädchen einer High School zu errichten. Denn nur wenn es den Mädchen ermöglicht wird in der Nähe der Schule zu wohnen, haben diese die Möglichkeit ihre Schulbildung mit der 12. Klasse abzuschließen – Jungen können während sie von zu Hause weg sind bei den Mönchen in einer Pagode leben. Große Bezirke verfügen oftmals nur über eine High School, die in großer Entfernung zu den Dörfern der Schülerinnen und Schüler liegt. So auch die Schule in dem kleinen Dorf Kouk Mon, in der Provinz Oddar Meanchey.

Auf unserer 14-tägigen Reise konnten wir, zum Teil hautnah, das Leben der kambodschanischen Bevölkerung auf dem Lande miterleben. Viele Fahrten führten uns in entlegene Dörfer, in denen das traditionelle Dorfleben und vor allem die traditionellen Bauweisen zu beobachten waren. Aber auch in der Stadt Siem Reap, in der wir die Zeit über gewohnt haben, wandelte sich schnell das Bild von neuen Beton- und Ziegelbauten zu den aufgeständerten Holzhäusern – den traditionellen Khmer-Gebäuden – sobald wir uns von den größeren Straßen entfernten.

Haus in Siem Reap.

Das karge sandige Land erstreckt sich kilometerweit bis zum Horizont. Nur selten stehen einige Zucker- oder Kokosnusspalmen an den Rändern der Reisfelder. Am Ende der Trockenzeit erscheint uns das Land als sehr trostlos und hat wenig mit den Erzählungen über endlose Reisfelder, die in den unterschiedlichsten Grüntönen erstrahlen gemein. Der auffälligste Farbtupfer in der Landschaft, sind die ziegelroten Straßen. Die ‘red soil streets‘. Viele der Straßen sind mit diesem  Gemisch aufgeschüttet, da es die Eigenschaft besitzt nicht beim nächsten Regenfall weggespült zu werden. Durch den Verkehr wird die Oberfläche zusätzlich stetig verdichtet. Wir halten an und nehmen uns eine Probe dieser Erde mit. Ob es sich dabei wohl um Lehm handelt? An manchen Stellen stehen noch Pfützen auf der Straße. Die Reifen der Fahrzeuge hinterlassen gerade hier ihre Spuren, welche auch nach dem Austrocknen noch deutlich zu erkennen sind. Der Versuch eine dieser Anhäufung abzubrechen scheitert. Das Material ist zu einer stabilen Wulst zusammengetrocknet.

Entnahme der Probe einer 'red soil street'.
'Red soil street' in Siem Reap.

Sobald wir die Stadt verlassen, säumen bald die traditionellen Holzhäuser die Straßen. Je nach Verfügbarkeit und Wohlstand der Menschen, die dort wohnen, werden die Wände des Holzskeletts mit Brettern, Bambusmatten oder Matten aus Zuckerpalmenblättern geschlossen. Die Dächer sind oftmals mit Wellblech gedeckt, die zusätzlich mit Matten aus Gräsern belegt werden, um ein Aufheizen zu Verhindern. Das natürliche Material muss auf Grund der extremen klimatischen Bedingungen alle drei bis vier Jahre erneuert werden, aber es ist effektiv. Neben den Wohnhäusern fallen uns schnell die kleinen Gebäude ins Auge. Fast jede Familie besitzt eines dieser Minihäuser, die als Reislager genutzt werden. Auch hier besteht das Grundgerüst aus Holz und das Dach aus Wellblech oder einer reetdachähnlichen Graseindeckung. Die Wände sind jedoch mit einer Mischung aus Erde, Kuhdung und Reisstroh verputzt. Haben wir nun Lehm gefunden? Wir erfahren, dass die Reisspeicher einen sehr wichtigen Stellenwert haben. Der mühsam angepflanzte und geerntete Reis ist Hauptbestandteil in der kambodschanischen Ernährung und bedarf einer speziellen Lagerung. Die komplett geschlossenen Wände verhindern ein ausrieseln des wertvollen Gutes und schützt es gleichzeitig vor Ungeziefer. Ebenso wichtig ist die trockene Lagerung der Reiskörner. Durch die Verwendung des (Lehm)Putzes bleiben die Körner genießbar und trocken, trotz der enormen Luftfeuchtigkeit. Es wird uns bestätigt, dass der Reis in einem Betongebäude oder mit Zement verputzen Gebäude schnell zu schimmeln anfängt. Wir halten also fest, dass die Menschen ihre wertvollen Nahrungsmittel in mit Erde und Kuhdung verputzten Häusern lagern.
Aber woher nehmen die Menschen das Material, aus dem sie den Putz herstellen? Zum einen werden die Hügel der Termiten, die überall sichtbar sind, abgetragen und dessen Erde genutzt. Aber wir können uns nicht vorstellen, dass dies die einzigen Quellen sein können, denn fast jede Familie hat ein solches Reislager. Leider können wir aber nicht erfahren, welches Erdmaterial sonst noch verwendet wird.

Eckdetail

Glatt verputzter Reisspeicher - mit Schloss!


Putzträgerschicht

Auch von innen werden die Wände verputzt.


Großer Reisspeicher mit zwei Räumen.

Weitere bauliche Anlagen, die unser Interesse geweckt haben, sind die kuppelartigen Brennöfen, in denen Holzkohle hergestellt wird. Durch eine Öffnung wird der Innenraum mit Holz befüllt. Beim Brennprozess unter Luftabschluss und ohne Sauerstoffzufuhr entsteht schließlich die Holzkohle. Der Brennofen scheint unserem Anschein nach komplett aus Lehm gebaut zu sein. Verwunderlich finden wir allerdings, dass die Anlagen ohne Dach auskommen und dennoch den starken Niederschlägen der Regenzeit standhalten. Wir vermuten, dass während des Brennvorgangs die Hitzeentwicklung ausreicht um die Lehmschale leicht mit zu brennen und dadurch auszuhärten. Den Zusatz von Zement schließen wir aus, da wir neben einem intakten Brennofen Überreste eines zuvor genutzten Ofens finden. Die Kuppel der alten Anlage ist eingefallen und die Wände sind größtenteils wieder zu Erde geworden.  Auch hiervon nehmen wir uns eine Erdprobe mit.





Nicht nur die Brennöfen, die zur Herstellung von Holzkohle verwendet werden, sondern auch kleinere Kochstellen aus Lehmringen finden wir vor. Da das Kochen in Kambodscha meist außerhalb des Hauses stattfindet, war es uns möglich einige dieser Kochstellen zu sehen. Hierbei werden einfache Ringe aus einem lehmartigen Material aufgehäuft, in deren Mitte ein Feuer entfacht wird und auf dessen Rand die Töpfe und Pfannen abgestellt werden. Von unseren kambodschanischen Begleitern werden diese Art von Kochstellen als weniger haltbar klassifiziert, jedoch ist zu beachten, dass die Lehmringe stets ohne Überdachung direkt auf dem Boden errichtet wurden. 
Kochstelle im Freien.

Auf unsere Fragen nach Lehm haben wir keine direkte Antwort erhalten. Allerdings sind wir bei unserem Touren immer wieder auf die Verwendung von Lehm oder lehmartigen Materialien gestoßen, die einen festen Bestandteil des kambodschanischen Alltags darstellen.

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